Aufbissschienen
Unser Mund arbeitet rund um die Uhr – beim Kauen, Sprechen, Schlucken und nicht zuletzt auch im Schlaf. Doch manchmal macht er mehr, als gut für uns ist: Einige Menschen pressen oder knirschen nachts unbewusst mit den Zähnen. Das bleibt oft unbemerkt, kann aber Folgen haben – für die Zähne, die Kaumuskulatur, ja sogar den ganzen Körper. Eine Aufbissschiene – auch bekannt als Knirscherschiene – kann hier helfen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige zu Aufbissschienen: Was sie bringen, wann sie sinnvoll sind, wie sie funktionieren und worauf Sie bei der Anwendung achten sollten.
Was ist eine Aufbissschiene?
Eine Aufbissschiene ist eine dünne, transparente Kunststoffschiene, die meist nachts getragen wird. Sie wird individuell für den Ober- oder Unterkiefer angefertigt und passt genau über die Zähne. Ziel ist es, den Kiefer zu entlasten und die Zähne vor übermäßigem Abrieb durch nächtliches Knirschen oder Pressen (med. Bruxismus) zu schützen.
Stellen Sie sich eine Aufbissschiene wie einen maßgeschneiderten „Fahrradhelm“ für Ihre Zähne vor. Sie verhindert nicht nur Schäden, sondern hilft dem gesamten Kausystem, sich zu entspannen.
Weitere Bezeichnungen für Aufbissschienen
Vielleicht haben Sie auch schon von folgenden Begriffen gehört:
- Knirscherschiene
- Nachtbissschiene
- Okklusionsschiene
- Therapieschiene
All diese Begriffe meinen im Kern dasselbe: Eine Schiene, die zwischen Ober- und Unterkiefer liegt und die Zahnreihen schützt sowie die Kiefermuskulatur entlastet.
Wann braucht man eine Aufbissschiene?
Viele Menschen merken lange nicht, dass sie mit den Zähnen knirschen – oft erst dann, wenn Schmerzen oder sichtbare Schäden auftreten. Eine Aufbissschiene kann helfen, wenn:
- Sie morgens regelmäßig mit Verspannungen im Kiefer oder Nackenschmerzen aufwachen
- Ihnen aufgefallen ist, dass Ihre Zähne abgenutzt, abgeplattet oder empfindlicher geworden sind
- Ihr Zahnarzt Spuren von Bruxismus festgestellt hat (z. B. Schliffspuren auf den Zähnen)
- Sie häufiger unter Spannungskopfschmerzen oder Schmerzen in der Kiefermuskulatur leiden
Wussten Sie, dass laut Studien etwa jeder Fünfte in Deutschland mit den Zähnen knirscht – oft infolge von Stress?¹ Besonders nachts nehmen wir diese Anspannung nicht bewusst wahr – doch unser Kausystem ist dennoch aktiv.
Wie funktioniert eine Aufbissschiene?
Die wichtigste Aufgabe einer Aufbissschiene ist Schutz und Entlastung.
Sie fungiert als Puffer zwischen den Zähnen Ihres Ober- und Unterkiefers. Sobald der Kiefer Druck ausübt (z. B. beim nächtlichen Knirschen), wird dieser auf die Schiene übertragen anstatt auf die Zahnoberflächen. Das schützt nicht nur den Zahnschmelz, sondern kann auch Verspannungen in den Kaumuskeln lösen.
Gleichzeitig wird durch die leicht veränderte Bisslage oft die Stellung des Kiefers optimiert. Manche Schienen führen sogar zu einer spontanen Muskelentspannung – vergleichbar mit dem Gefühl nach einer guten Massage.
Schienentypen im Überblick
Nicht jede Aufbissschiene ist gleich. Je nach Befund gibt es unterschiedliche Varianten:
- Knirscherschiene (Relaxierungsschiene): die häufigste Form; schützt vor Abrieb und entlastet die Muskulatur
- Michigan-Schiene: für Patienten mit stark gestörter Kiefergelenksfunktion oder CMD
- Positionierungsschiene: verändert gezielt die Bisslage, um eine bestimmte Kieferposition einzustellen
Ihr Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin wählt das passende Modell auf Basis einer ausführlichen Diagnostik.
CMD und die Rolle der Aufbissschiene
Vielleicht haben Sie schon einmal den Begriff „CMD“ gehört. Das steht für „Craniomandibuläre Dysfunktion“ – eine Fehlregulation im Zusammenspiel von Kiefer, Muskulatur und Gelenk.
Bei CMD-Patient:innen geraten die Kräfte im Kausystem aus dem Gleichgewicht. Das kann zu diversen Symptomen führen:
- Kieferknacken oder eingeschränkte Mundöffnung
- Schmerzen im Kiefergelenk, Gesicht oder Nacken
- Ohrgeräusche (Tinnitus) oder Schwindel
Hier kommt die Aufbissschiene ins Spiel: Sie kann helfen, den Biss zu harmonisieren und die Muskulatur zu entspannen. Häufig wird die Schiene zur Unterstützung einer ganzheitlichen CMD-Therapie eingesetzt – in Kombination mit Physiotherapie oder Entspannungsverfahren.
Wie wird eine Aufbissschiene hergestellt?
Eine individuell angepasste Schiene wird direkt in Ihrer Zahnarztpraxis geplant und im zahntechnischen Labor gefertigt. Der Ablauf sieht meist so aus:
- Ihre Zahnärztin macht einen Abdruck oder scannt Ihre Zähne digital.
- Auf dieser Basis wird eine passgenaue Schiene aus Kunststoff angefertigt.
- Beim zweiten Termin wird sie angepasst, überprüft und ggf. feinjustiert.
Auch wenn einfache Schienen in Drogerien erhältlich sind: Nur eine individuell angepasste Schiene gewährleistet sicheren Sitz und optimale Wirkung.
Was kostet eine Aufbissschiene – und übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Gute Nachrichten: Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten für eine einfache Aufbissschiene – sofern Ihr Zahnarzt eine medizinische Notwendigkeit diagnostiziert.
Die Abrechnung erfolgt nach der Kassenrichtlinie; eine Zuzahlung können für Privatleistungen oder besonders aufwendige Varianten (z. B. Funktionsdiagnostik) anfallen.
Unser Tipp: Lassen Sie sich im Vorfeld einen Kostenvoranschlag geben und klären Sie die Übernahme direkt mit Ihrer Kasse.
Wie trägt man eine Aufbissschiene richtig?
Die meisten Menschen tragen ihre Aufbissschiene nachts. So kann der Kiefer während des Schlafs entlastet werden, wenn unbewusst mit den Zähnen geknirscht oder gepresst wird.
Hier einige Hinweise, um möglichst viel von Ihrer Schiene zu profitieren:
- Regelmäßigkeit: Tragen Sie die Schiene jede Nacht – Gewohnheit ist entscheidend.
- Pflege: Reinigen Sie die Schiene morgens mit einer weichen Zahnbürste und lauwarmem Wasser.
- Keine Zahnpasta: Diese kann die Oberfläche zerkratzen. Verwenden Sie lieber spezielle Reinigungstabletten.
- Transport: Bewahren Sie die Schiene in einem belüfteten Behälter auf, z. B. einer Transportbox aus der Apotheke.
Wenn die Schiene drückt, wackelt oder sich Ihre Beschwerden nicht bessern: Sprechen Sie mit Ihrer Zahnärztin bzw. Ihrem Zahnarzt. Kleine Anpassungen können oft große Wirkung zeigen.
Wie lange trägt man eine Aufbissschiene?
Diese Frage hören wir oft – und die Antwort lautet wie so häufig in der Medizin: Es kommt darauf an.
Orientierungswerte für die Tragedauer:
- Bei akutem Knirschen: meist über mehrere Monate bis zur Besserung der Symptome
- Bei chronischem Bruxismus: über Jahre oder dauerhaft nötig
- Bei CMD: im Rahmen einer individuellen Therapie, teilweise in Absprache mit Physiotherapeuten
Wichtig ist die regelmäßige Kontrolle Ihrer Schiene: Ihre Zahnärztin prüft, ob Sitz und Funktion noch korrekt sind. Bei Bedarf wird die Schiene angepasst oder erneuert.
Gibt es Nebenwirkungen oder Nachteile einer Aufbissschiene?
In der Regel sind Aufbissschienen gut verträglich. Gelegentlich kann es anfangs zu leichten Beschwerden kommen:
- Spannungsgefühl im Mund
- Ungewohnter Speichelfluss
- Eingeschränktes Sprechen direkt nach dem Einsetzen
Diese Symptome verschwinden meist nach wenigen Tagen, sobald man sich an das Tragen gewöhnt hat.
Wichtig: Vermeiden Sie billige „Boil-and-Bite“-Schienen aus dem Internet oder der Drogerie. Sie passen selten optimal und können sogar mehr schaden als nutzen.
Alternativen und ergänzende Maßnahmen
Eine Aufbissschiene ist kein Allheilmittel – sie lindert die Symptome, behebt aber nicht unbedingt die Ursache des Knirschens.
Deshalb kann es sinnvoll sein, zusätzlich folgende Maßnahmen auszuprobieren:
- Stressreduktion: Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Achtsamkeitstechniken
- Physiotherapie: zur Lockerung verspannter Kiefer- und Nackenmuskulatur
- Psychologische Begleitung: bei emotionaler Anspannung als Knirsch-Auslöser
- Verzicht auf Kaugummi: um die Kaumuskulatur nicht zusätzlich zu reizen
Die Kombination aus Schiene und ursachenorientierter Therapie ist oft der Schlüssel zum langfristigen Erfolg.
Fazit: Kleine Schiene, große Wirkung
Eine Aufbissschiene ist ein einfacher, aber wirkungsvoller Helfer im Kampf gegen nächtliches Zähneknirschen, Kieferprobleme und unklare Kopf- oder Nackenschmerzen. Sie schützt Ihre Zähne, entlastet Ihre Muskulatur und kann helfen, Beschwerden spürbar zu lindern.
Sprechen Sie mit Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt, wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie knirschen oder pressen. Viele Beschwerden lassen sich mit der richtigen Schiene und ergänzenden Maßnahmen effektiv behandeln – bevor größere Schäden entstehen.
Und denken Sie daran: Guter Schlaf beginnt oft mit einem entspannten Kiefer.
FAQ – Häufige Fragen zu Aufbissschienen
Wie oft sollte man die Schiene kontrollieren lassen?
Idealerweise alle 6 bis 12 Monate beim Zahnarzt – je nach Nutzung und Zustand der Schiene.
Kann man mit einer Aufbissschiene trinken oder sprechen?
Trinken ist in der Regel möglich, je nach Passform. Sprechen kann anfangs erschwert sein, verbessert sich aber meist schnell.
Wie lange hält eine Aufbissschiene?
Je nach Material und Beanspruchung mehrere Monate bis Jahre. Starkes Knirschen kann den Austausch früher nötig machen.
Brauche ich eine neue Schiene bei Zahnersatz oder Zahnverlust?
Ja – schon kleine Änderungen im Gebiss können die Passform verändern. In solchen Fällen sollte eine neue Schiene angepasst werden.
Quellenangaben
- Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK): Patienteninformation „Aufbiss-Schiene“, www.dgzmk.de
- Kern J, Piehslinger E. „Bruxismus: Diagnose und Therapie“, Wiener klinische Wochenschrift (2019)
- Gesundheitsinformation.de, „Zähneknirschen – was hilft?“, www.gesundheitsinformation.de
- Krankenkassen.de, „Zahnschienen – Kosten und Krankenkasse“, www.krankenkassen.de